Ähnlich wie Alzheimer führt die Erbkrankheit Typ 17 Rückenmarksataxie (SCA17) zur Zerstörung von Nervenzellen im Gehirn und zum vorzeitigen Tod der Infizierten. Die genauen Mechanismen der Erkrankung sind unbekannt, daher gibt es bisher keine therapeutischen Ansätze. Humangenetiker der Ruhr-Universität Bochum (RUB) unter der Leitung von Dr. Jonasz Weber vermutet nun, dass eine Klasse von Proteinabbauenzymen namens Calpaine zu der Krankheit beiträgt. Im Modell war es möglich, den Prozess durch Eliminieren der Calpaine zu stoppen. Das berichten die Forscher in der Fachzeitschrift Cellular and Molecular Life Sciences vom 28. April 2022.
Modifiziertes Proteindesign
Jonasz Jeremiasz Weber, Rana Dilara Incebacak Eltemur, Priscila Pereira Sena, Huu Phuc Nguyen (links) haben die Studie gemeinsam entwickelt © Pengfei Qi Rückenmarksstörung Typ 17 (SCA17) ist eine seltene, erbliche Erkrankung des menschlichen Gehirns. Aufgrund der pathologischen Veränderung eines im Design enthaltenen Gens für ein Protein namens TATA-Box Binding Protein (TBP) wird das Protein in Zellen in defekter Form produziert. Dies wirkt sich auch auf seinen Betrieb aus. „Eine Folge davon ist, dass das Protein nachweisbare Proteinablagerungen im Gehirn bildet und Nervenzellen durch noch nicht vollständig aufgeklärte molekulare Mechanismen zerstört“, erklärt Jonasz Weber. Als Folge entwickeln Erkrankte ab dem mittleren Lebensalter Symptome wie Bewegungsstörungen, Krampfanfälle, geistige Leistungsstörungen, Charakter- und Verhaltensveränderungen, begleitet von Gewebezerstörungen wie Kleinhirn und Hirnstamm.
Proteinfragmente werden abgelagert
Die molekularen Mechanismen, die die Krankheit verursachen, sind noch nicht vollständig verstanden. Ein möglicher Mechanismus, der die Krankheit verursacht oder zumindest beeinflusst, ist der Abbau des krankheitserregenden TBP-Proteins durch bestimmte Enzyme. Dieser Abbau führt zu noch schädlicheren Fragmenten des TBP-Proteins in Nervenzellen. „Interessanterweise konnten bisherige Studien zeigen, dass diese Abbauprodukte auch im Gewebe von Alzheimer-Patienten vorkommen und dort auch eine Rolle im Krankheitsverlauf spielen könnten“, sagt Jonasz Weber.
Der Calciumhaushalt ist gestört
Das Humangenetik-Team in Bochum unter der Leitung von Professor Dr. Huu Phuc Nguyen konnte nun nachweisen, dass eine bestimmte Klasse von Proteinabbauenzymen, die Calpaine, diesen Abbau von TBP bewirken können. „Außerdem konnten wir zeigen, dass diese Enzyme in Zell- und Tiermodellen von SCA17 überaktiv sind“, sagt Jonasz Weber. Da die Calpain-Aktivität kalziumabhängig ist, legt dieser Befund nahe, dass Gene, die an der Kontrolle des Kalziumhaushalts in Zellen beteiligt sind, ebenfalls dereguliert sein können. Hemmten die Forscher die Enzyme mit pharmakologischen oder genetischen Ansätzen, konnten sie im Zellmodell die TBP-Ablagerungen und die Produktion des defekten Proteins reduzieren. „Der Nachweis, dass Calpaine am Mechanismus der SCA17-Erkrankung beteiligt sind, ebnet den Weg für weitere Forschungen“, sagt Jonasz Weber. Weitere Arbeiten könnten die Relevanz dieses molekularen Prozesses bestimmen und herausfinden, ob und wie er beeinflusst werden kann. Daraus könnten sich auch Therapieansätze für diese Erkrankung ergeben. „Dies gilt sowohl für SCA17 als auch für ähnliche neurodegenerative Erkrankungen, bei denen Calpaine bereits nachweislich eine Schlüsselrolle in der Pathogenese spielen“, sagt der Forscher.
wirtschaftliche Unterstützung
Die Arbeit wurde gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (Förderkennzeichen WE 6585/1-1, NG 101/6-1, INST 37/1049-1), das Interdisziplinäre Zentrum für Klinische Forschung an der Universität Tübingen (IZKF; PK 2016 -01- 08), dem brasilianischen Nationalrat für wissenschaftliche und technologische Entwicklung (CNPq; 229957 / 2013-7).
Originalfassung
Jonasz Jeremiasz Weber, Stefanie Cari Anger, Priscila Pereira Sena, Rana Dilara Incebacak Eltemur, Chrisovalantou Huridou, Florian Fath, Caspar Gross, Nicolas Casadei, Olaf Riess, Huu Phuc Nguyen: Calpains as novel player in the Molecular Patheria M Sciences, 2022, DOI : 10.1007 / s00018-022-04274-6, Gehirn- und Nervengesundheitsforschung