Bei der ersten Runde der Parlamentswahlen in Frankreich dürfte das Bündnis zwischen Präsident Macron und dem Bündnis um den Linkspolitiker Melanson gleichauf sein. Im zweiten Wahlgang wird jedoch ein klarer Sieg von Macron erwartet.
Nach der ersten Runde der Parlamentswahlen in Frankreich ist es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem zentralen Lager von Präsident Emanuel Macron und der Linkskoalition des Oppositionspolitikers Jean-Luc Mélenchon gekommen. Nach ersten Prognosen kamen beide Wahlbündnisse auf etwa 25 bis 26 Prozent der Stimmen.
Beide Lager sehen sich als Gewinner
Die französische Premierministerin Elizabeth Bourne sagt, dass linke Gegner des Macron-Center-Bündnisses nach der ersten Runde der Parlamentswahlen keine Chance haben. „Wir sind die einzige politische Kraft, die eine Mehrheit in der Nationalversammlung gewinnen kann“, sagte Bourne in einer ersten Erklärung. Gleichzeitig warnte er indirekt vor einem weiteren Erstarken der Linken. “Wir können das Risiko der Instabilität nicht eingehen”, sagte er. Das mittlere Bündnis hingegen bedeutet Glaubwürdigkeit.
Der Führer der Linken, Mélenchon, sah das anders. In einer ersten Reaktion sprach er von Macrons klarer Niederlage im ersten Wahlgang. “Die Wahrheit ist, dass die Präsidentenpartei in der ersten Runde verliert und verliert.” Er hofft nun, dass auch die Franzosen Macrons Politik im zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag ablehnen werden.
Macron führt wohl im zweiten Wahlgang
Dies gilt jedoch als sehr unwahrscheinlich, denn Beobachter gehen fest davon aus, dass Macron und sein liberales Bündnis die Sitzverteilung im zweiten Wahlgang klar für sich entscheiden werden. Prognosen zufolge könnte das Macron-Lager dann etwa 255 bis 310 der 577 Sitze in der Nationalversammlung erhalten. Linke sehen die Prognosen nur bei 150 bis 210 Sitzen.
Die Unterschiede zwischen Stimmenanteil und Sitzverteilung lassen sich durch das komplizierte Wahlsystem erklären. Am Ende zählen nur die Stimmen des Siegers im jeweiligen Wahlkreis.
Erste Runde der Parlamentswahlen in Frankreich – ein weiterer Sargnagel für Präsident Macron
Friederike Hofmann, ARD Paris, Tagesausgaben 23.15 Uhr, 13. Juni 2022
Die überwiegende Mehrheit ist noch unsicher
Für Macron stellt sich bei den Parlamentswahlen die Frage, ob er seine Pläne in seiner zweiten Amtszeit umsetzen kann. Das könnte trotz Wahlsieg schwierig werden, denn noch ist unklar, ob er am kommenden Sonntag die absolute Mehrheit erreichen kann. Gelingt Macron dies nicht, wird es ihm deutlich schwerer fallen, die geplanten Reformen voranzutreiben, insbesondere bei den Renten. Er müsste dann ein größeres Bündnis bilden, was seinen Handlungsspielraum einschränken würde. Ein Minderheitskabinett oder eine Koalitionsregierung gilt als unwahrscheinlich.
Geringer Besuch
Die Wahlbeteiligung war in diesem Jahr extrem niedrig. Laut einer Umfrage hat nur jeder Zweite im ersten Durchgang der Parlamentswahlen gewählt. Nach Schätzungen des renommierten Instituts Ipsos-Sopra Steria lag die Wahlbeteiligung nachts bei 47,7 Prozent. Das wäre etwas weniger als bei den vorangegangenen Wahlen 2017, als nur 48,7 Prozent der registrierten Wähler ihre Stimme abgegeben hatten.